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PENALTY JETZT 95 KILO

24. 05. 2024

Bärenstark hatte sich Eckhard Sauren’s dreijähriger Hengst Penalty am vergangenen Pfingstmontag in den Deutschen 2.000 auf seiner Kölner Heimatbahn verkauft. Eine Leistung, die letztlich als nur um einen Hals knapp geschlagener Zweiter, leider nicht den verdienten Lohn in Form von “klassischem Lorbeer” fand.

Trainer Henk Grewe war dann nach dem Rennen auch etwas zwiegespalten in seinem Resumee:“Er ist ein tolles Rennen gelaufen, das hohe Tempo kam uns entgegen, so konnte er schön abschalten. Ärgerlich, wenn man dann so knapp verliert.“

Wie Chefhandicapper Harald Siemen Rennen, Ergebnis und Leistung gesehen und jetzt bewertet, hat er in seinem regelmäßigen Block bei Deutscher Galopp in bekannt launiger Art und Weise  beschrieben. Den Text geben wir hier komplett wieder.

“Der Wandel der Zeit ist ein natürliches Phänomen. Es liegt an jedem Einzelnen, ob er sich den mit dem Wandel einhergehenden Veränderungen anpasst, oder die alten Traditionen bewahrt. Der Galoppsport ist ja per se konservativ ausgerichtet, doch auch hier macht sich der Zeitenwandel bemerkbar. Wer zum Beispiel bringt heutzutage noch ein Fernglas mit auf die Bahn und wer zieht noch eine Krawatte an, wenn er zum Rennen geht? Doch Veränderungen hat es auch innerhalb des Rennsystems gegeben. Die deutschen 2000 Guineas zum Beispiel, vormals bekannt als Mehl-Mülhens-Rennen und Henckel-Rennen, hat seine einstige Bedeutung als Vorbereitungsrennen für das Deutsche Derby in den vergangenen 30 Jahren ganz eingebüßt.

So sind im Zeitraum von 1947 bis 1989 von den 44 Siegern dieses Klassikers 42 auch im Derby gelaufen; die beiden Ausnahmen waren Mercurius (keine Nennung) und Mandelbaum (Zahnschmerzen). 1990 wurde das Rennen auch für ausländische Pferde geöffnet und von da an vollzog sich allmählich der Wandel. Starteten in den Neunziger Jahren immerhin noch sechs Mehl-Mülhens-Sieger auch im Derby, so war es nach der Jahrhundertwende nur noch einer (Lucky Lion). Der Bedeutungsverlust der deutschen 2000 Guineas in Hinblick auf das Derby liegt offenbar die Erkenntnis zugrunde, dass heutzutage – insbesondere durch die Konkurrenz aus England und Frankreich – ein „Derbypferd“ im Kölner Meilen-Championat keine Chance mehr hat. Derbykandidaten gehen jetzt andere Wege.

Die Konkurrenz aus England war auch am Pfingstmontag bei der 152. Auflage dieses vom Coolmore Stud gesponserten Kölner Frühjahrs-Klassikers zu stark. Doch im Gegensatz zum katastrophalen Ergebnis des Vorjahres, als der französische Allerweltsgalopper Angers mit sechs Längen Vorsprung siegte, braucht man diesmal nicht der Depression anheimfallen. Denn der Sieger Devil´s Point kam mit sehr guten Referenzen nach Köln, hatte auch das höchste Rating aller Teilnehmer und vor allem einen ausgezeichneten Jockey im Sattel.

Der mehrfache britische Champion Silvestre de Sousa gilt auf der britischen Insel als Spezialist für Frontrenner. “Silvestre de Sousa is dynamite from the front! Our eyes visually tell us that and, more importantly, the statistics firmly back it up”, hieß es zuletzt in einem Beitrag im “Professionals Formbook”. Diese Dynamit-Taktik setzt de Sousa auch in Köln ein. Aus äußerster Startbox strebte er in sehr schnellem Tempo nach vorne, so dass man sich fragen musste, ob das wohl gut gehen kann. Aber das Tempo war auf die Zehntelsekunde richtig gewählt, es zermürbte die Verfolger und Devil´s Point hielt sich die auf Warten gerittenen und zuletzt heranfliegende Konkurrenz in Gestalt von Penalty und Ghorgan im Ziel gerade noch mit zwei Halslängen vom Leib.

Devil´s Point war mit einem Rating von 111 (95,5 kg) im Gepäck angereist, das hatte er sich vor allem mit einem zweiten Platz in dem zur Gruppe I zählenden Futurity Stakes im vorigen Oktober verdient. Es spricht alles dafür, dass er diese, seine beste Form, auch in Köln eingestellt hat, was auch ein gutes Licht auf die beiden dahinter einkommenden deutschen Pferde wirft, die nun bei 95 kg (Penalty) und 94,5 kg (Ghorgan) zu stehen kommen. Für beide bedeutet das eine enorme Verbesserung ihrer bisherigen Marken. Doch die dahinter platzierten Pferde Ten Bob Tony und Maigret stellen diese Rechnung auf eine solide Grundlage. Beide Pferde wurden im Endkampf leicht behindert, am deutlichsten der bis dahin ungeschlagene Favorit Maigret, was einige Meter gekostet hat, aber wohl keine bessere Platzierung. Die deutschen 2000 Guineas sind beim European Pattern Committee durch drei schwächere Ausgaben in den vergangenen Jahren bekanntlich stark unter Druck geraten. Das diesjährige Ergebnis sieht aber weitaus besser aus, so dass die Aussichten auf einen Verbleib des Rennen in der Gruppe II bei Bestätigung der in Köln gezeigten Leistungen günstig sind.

Wenig überraschend hält von den zehn Teilnehmern der 2000 Guineas nur einer eine Nennung für das Deutsche Derby. Das ist Penalty. Im Lager des Frankel-Sohnes werden nun die Köpfe rauchen, ob man Hamburg in Betracht ziehen soll oder nicht. Doch aus irgendeinem Grund wird man die Nennung fürs Derby ja abgegeben haben. Vielleicht wegen der Vaterschaft von Frankel, denn dieses Ausnahmerennpferd hat in seiner ähnlich ruhmreichen Zuchtlaufbahn mit Adayar schließlich schon einen Sieger im Epsom Derby gebracht. In der Verwandtschaft auf der Mutterlinie lag die Grenze aber meistens bei 2000 Meter”.

Foto: Marc Rühl