Wenn sich am Sonntag um 15:43 Uhr in Hamburg die Startboxen für das IDEE 156. Deutsches Derby öffnen, dann gehen trotz Befürchtungen und Verletzungspech doch zwei Vierbeiner des Quartiers auf die 2.400 Meter lange Reise. Amico für Liberty Racing 2023 Australia mit Startnummer 16 und Lukas Delozier, sowie Eckhard Sauren’s Enzian unter Thore Hammer – Hansen als Startnummer 17. Beide gelten im aktuell achtzehnköpfigen Feld jedoch nur als Außenseiter und werden bei Buchmachern zu Kursen um 40,0:1 bis 50,0:1 gehandelt. Ein Dritter Sieg nach Sisfahan 2021 und Palladium im Vorjahr, scheint nach Papierform und Expertemeinung also eher einer “Mission impossible” zu gleichen. Doch wie pflegte einst Trainerlegende Heinz Jentzsch vor Hamburg stets zu sagen: “Das Derby ist wie ein Königsberger Klops, da ist einfach alles drin”.
Das es in diesem Jahr in Puncto Derbysieg schwer werden würde, hatte Trainer Henk Grewe aber auch schon früher im Jahr anläßlich der Stallparade irgendwie kommen sehen.“Das hatte ich auch noch nicht. Alle meine Derby-Kandidaten sind richtige Steher, haben einfach ihre Zeit gebraucht und müssen jetzt schon richtig mitmachen, ansonsten wird es knapp mit dem Derby. Aquaman ist aktuell schon weit, aber ich weiß auch, dass in den nächsten Wochen noch viel passieren kann”.
Und als hätte er es geahnt, denn ausgerechnet Aquaman, der mit seinem starken vierten Platz im Bavarian Classic das Ticket für Hamburg sicher hatte, kam mit einer Fissur aus dem Badener Trial und mußte damit leider auch für den Rest Saison den Dienst quittieren. Aber wie in einem guten Team üblich, wenn der Führungsspieler ausfällt, dann muß jetzt halt die aus Amico und Enzian bestehende “zweite Garde” die Kastanien aus dem Feuer holen.
Der auf der BBAG 180.000 Euro teure Camelot – Sohn Amico aus der Verwandtschaft von Ankunft, Attica, Adrian und vorallem Assistent ist nobel gezogen, hat Talent, großes Steh- sowie Gallopiervermögen und somit die erforderlichen Eigenschaften eines Derbypferdes. Beim Debut mußte er sich als grün laufendes Pferd und auf zu kurzer Distanz, noch knapp mit einer halben Länge dem bis dahin ungeschlagenen Quinto geschlagen geben. Für diese Niederlage hielt er sich aber mit der erwarteten Steigerung schnell schadlos und legte in München als kochend heißer 1,6:1 Totofavorit in sicherer Manier die Maidenschaft ab. In der Union kam er nach einem allerdings auch nicht idealen Rennverlauf an der Innenseite letztlich nicht entscheidend weiter und letztlich als Fünfter über die Linie. Vielleicht kann er ja wie sein im Vorjahr erfolgreiche Stallgefährte Palladium überraschen, zumal er das Rennen aus Box 16 und damit der Siegerbox von Fantastic Moon aufnimmt.
Bisher überhaupt erst zweimal geprüft ist dagegen der von Beginn an höher gehandelte Enzian. Für den vom Gestüt Röttgen gezogenen Zarak – Sohn aus der Eloge und damit einer Black type Familie um Enora, Erasmus, Egerton und Ephraim, waren bei der BBAG auch immerhin 160.000 Euro fällig. Da er zweijährig mit ein paar Problemen kämpfen und erst Anschluss finden mußte, hatte man am Maifeiertag beim späten Debut aus zudem noch ungünstiger Box einige Bedenken, die sich jedoch als unbegründet erwiesen. Denn in einem kopfstarken Feld und über weite 2.200 Meter konnte er sich sehr leicht durchsetzen. Für die Union rückte er nach dieser einzigen Form zwar als Favorit in die Startbox ein, blieb aber als Sechster deutlich hinter den Erwartungen zurück, war jedoch durch eine gesundheitliche Indisposition entschuldigt.
Und das sagt der Trainer zu seinen Schützlingen:
Im Grundegenommen ist Amico in der Union so gelaufen wie wir uns das vorgestellt hatten. Er steht jetzt so ein bisschen unter den ersten Fünf und wenn wir eine Platzierung schafft, sind wir sehr zufrieden.“
“Enzian hat uns in der Union enttäuscht. Im Nachhinein hat sich ein starker Infekt herausgestellt, der jetzt aber behoben ist. Im Derby werden wir also einen anderen Enzian sehen und er wird die Form aus der Union korrigieren. Zumal ihm als großer Steher auch die jetzt weitere Distanz entgegen wird.. Es passt eigentlich alles und wir hoffen daher, dass wir im Endkampf auftauchen können”.
Fotos: Marc Rühl